Seit über 15 Jahren beschäftige ich mich mit europäischem Schamanismus und heidnischem Brauchtum. Ich lebe nach dem keltischen Jahresrad und bilde ..
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Schamanische Traditionen der Yoruba aus Nigeria können uns dabei helfen, das Anti Aging Dilema der Wechseljahre zu überwinden. In der schamanischen Tradition werden ältere Frauen und Männer zu hochgeschätzen Mitglieder des Ältesten-Rates, zu Ratgeber für die Jugendlichen und stellen ihren reichen Schatz an Lebenserfahrung zur Verfügung.
Warum hat der Begriff für viele heute so einen negativen Beigeschmack? Als ich zum ersten Mal unter obigem Titel ein Seminar ankündigte, riefen viele Frauen beim Veranstalter an, um sich ausdrücklich gegen die Bezeichnung „Weiber" zu verwehren, und „weise werden" wollten die meisten auch nicht. Das verblüffte mich, denn ich sehe Weiber als selbständige, wohlgeerdete, dem Dasein in allen Facetten zugewandte Persönlichkeiten. Weiber sind Wesen, die mit beiden Beinen im Leben stehen, die wissen, was sie können und was sie wert sind, die ihren Platz in der Gesellschaft voll Selbstbewusstsein einnehmen und ausfüllen. Kurzum, kraftvolle, respektable, kundige, lebensfrohe Menschen weiblichen Geschlechts!
Die Bezeichnung „Frau" hat historisch einen ganz anderen Hintergrund: Die „hohe frouwe" war im Mittelalter eine Person höheren Standes - sie wurde aus der Ferne minniglich angebetet, harrte in einer Burg der Rückkehr der mehr oder minder siegreichen Recken und war bestenfalls als Herrin über das Gesinde mit gewöhnlichen und alltäglichen Dingen vertraut. In meiner Vorstellung jedenfalls war sie keine Vertreterin eines Rollenverständnisses, dem ich mich anschließen möchte.
Merkwürdig finde ich außerdem die seltsame Vermischung in den Bewertungen dieser beiden Begriffe. Denn auch Personen weiblichen Geschlechts, die als „Frauen" angesprochen werden wollen, präsentieren sich dann doch lieber „weiblich" - „weiblich" klingt stark, schön, sexy, „fraulich" hingegen eher hausbacken, bieder und spießig… Oder?
gibt es für Frauen und Männer jenseits der Fünfzig eine eigene Position im gesellschaftlichen Gefüge. Stammesmitglieder in einem Alter, in dem die körperliche Kraft nachzulassen beginnt, sind nicht mehr für die tägliche Nahrungsbeschaffung, für Kampf und Verteidigung, für Fortpflanzung oder Hausbau zuständig. Sie werden zu „Elders", zu „Ancianas", zu allgemein hochgeschätzen Mitgliedern des Ältestenrates - und zu weisen, geduldigen Ratgebern für die Jugendlichen, denen sie beim Erwachsenwerden beistehen. Sie geben die Mythen und Werte ihrer Tradition weiter, tragen die Verantwortung für die Harmonie in der Gemeinschaft, schlichten Streit und stellen ihren reichen Schatz an Lebenserfahrung zur Verfügung.
Die älteren Frauen nähern sich dem Archetypus der „Weisen Alten" an und geben der nächsten Frauen-Generation weiter, was ihnen in ihrem bisherigen Leben von Nutzen war. Zu diesem Zweck gab es in vielen Traditionen eigene Plätze oder Häuser, wo sich die menstruierenden Frauen aufhielten, die von ihren alltäglichen Pflichten befreit waren. Dort wurde ihnen von den „alten Weibern" jenes Wissen vermittelt, das nur ihrem Geschlecht vorbehalten war. Mala Spotted Eagle, ein Cherokee-Indianer, erzählte einmal bei einem Vortrag augenzwinkernd, wie „chaotisch" es in seinem Dorf zugegangen ist, wenn mehr als fünf Frauen gleichzeitig in so einer „Moon Lodge" waren und die Männer sich um Haushalt und Kinder zu kümmern hatten. Die Weiber genossen währenddessen ihre allmonatliche Auszeit und freuten sich schon aufs nächste Mal. Kein Wunder, dass diese Frauen keine Menstruationsbeschwerden kannten…!
Auch im Kreis des Ältestenrates waren die alten Frauen keineswegs untergeordnet. Dass sie schweigend außen um den Kreis der Männer saßen, bedeutete nicht (wie manche europäischen Beobachter fälschlicherweise interpretierten), dass sie nichts zu sagen hatten oder sich der „natürlichen Ordnung" unterwarfen, die ihnen nur einen Platz in der zweiten Reihe zubilligte. Ganz im Gegenteil: Die Männer palaverten so lange, bis sie der Clan-Mutter einen Lösungsvorschlag unterbreiten konnten - den diese dann mit einer einfachen Handbewegung akzeptierte, oder auch nicht… Letzteres bedeutete dann erneutes Palaverpalaverpalaver, bis ein neuer Vorschlag gefunden war - in der Hoffnung, dass die Weise Alte ihn jetzt auch annehmen würde.
unserer westlichen Gesellschaft liegt eigentlich nicht im Älterwerden an sich, sondern in der Bewertung dieser Lebensphase. Es ist ein großer Unterschied, ob wir Weiber über Fünfzig uns unattraktiv und vom wahren Leben ausgeschlossen fühlen, oder ob wir uns selbstsicher, erfahren, anerkannt und als wichtige, machtvolle Mitglieder einer Gemeinschaft betrachten. Wenn wir unter den zunehmend sichtbaren Zeichen der Vergänglichkeit leiden, werden wir auch mit unserer neuen Rolle hadern. Unsere persönliche Bewertung des Älterwerdens entscheidet aber ganz wesentlich darüber, ob wir für uns selbst eine sinngebende, fruchtbare, unserer reichen Erfahrung angemessene Betätigung finden oder nicht, ob wir unsere Partnerschaften und Beziehungen befriedigend und erfüllend gestalten können - ja sogar, ob wir gesund bleiben oder nicht.
Klar, wir leben in einem Umfeld, wo uns Weibern fortgeschrittenen Alters gerne vermittelt wird, dass wir nicht mehr begehrenswert und ernst zu nehmen sind. Wir lesen Statistiken, die uns über die geringen Chancen am Arbeitsmarkt informieren. Wir sind umzingelt von abwertenden Denkmustern! Und doch ist das nicht einmal die halbe Wahrheit. Denn es liegt nur an uns selbst, wenn wir diese unerfreulichen, respektlosen Glaubenssätze akzeptieren und uns bewusst oder unbewusst danach richten. Mag sein, dass wir keine Misswahl mehr gewinnen können - na und? Mag sein, dass es Firmen gibt, die zu allererst weibliche Mitarbeiter abbauen - könnte das aber nicht auch mit deren Qualifikation und Grundhaltung zum Thema Arbeit zu tun haben?
sich in einer Art vorauseilendem Gehorsam selbst abzuwerten und auszuschließen, noch bevor die Männer in ihrer Umgebung konkrete Zeichen setzen. Sie betrachten sich selbst nicht mehr als erotisch und liebenswert, was sich oft in Unzufriedenheit und Sichgehenlassen manifestiert. Dies wiederum führt zu Erfahrungen, die das eigene Vorurteil bestätigen. Oder (im Grunde das Gleiche mit anderen Vorzeichen) sie bemühen sich, mit großem Aufwand eine Fassade aufrecht zu halten, hinter der sie sich in Wahrheit ebenfalls einsam und ungeliebt fühlen. Im Klartext: die unbeweglichen, frustrierten Dicken unterscheiden sich nicht grundsätzlich von den x-mal gelifteten Fitnessstudio-Abonnentinnen - die Einen wie die Anderen sind mit sich selbst nicht im Reinen! Beide lieben und schätzen sich selber nicht und können daher auch nicht in ihre Kraft kommen. Im Vollbesitz ihrer Macht, ihres vollen Potenzials, ihrer Lust und Freiheit sind nur Weibsbilder, die zu sich selber stehen, die um ihre wahren Schwächen und Stärken wissen, sich selbst gegenüber trotz Falten und grauer Haare Zärtlichkeit empfinden und dem Leben mit Klugheit und Humor begegnen.
Dasselbe gilt auch für berufstätige Frauen. Jene, die in ihrer Arbeit mehr als nur eine Möglichkeit zum Gelderwerb sehen, die ihren Beruf ebenso als Teil ihrer Identität sehen wie ihre privaten Interessen, machen auch hier viel mehr erfreuliche Erfahrungen. Schließlich ist unser äußeres Leben nicht vom inneren zu trennen. Wir bekommen immer und überall die eigenen Einstellungen und Vorurteile gespiegelt und erleben in jedem Moment die Manifestation unserer Denkmuster. Das heißt, nur wenn ich mir vorstellen kann, auch jenseits der Fünfzig eine geachtete, geschätzte Mitarbeiterin zu bleiben, kann ich das auch in der alltäglichen Wirklichkeit werden. Kollisionen mit Vorgesetzten, die junge, weniger selbstbewusste Angestellte vorziehen, können natürlich vorkommen. Es steht uns allerdings frei, sie als Hinweis darauf zu interpretieren, dass unser bisheriger Arbeitsplatz nicht mehr angemessen, dass es Zeit für einen Wechsel ist. Und es steht nirgends in Stein gemeißelt, dass wir keine bessere Position mehr finden werden. Ich kenne eine Reihe von Frauen, die um die Fünfzig einen beruflichen Neustart gewagt haben und nun zu Recht stolz auf sich sind.
Wir weisen Weiber haben schon allerhand geleistet und niemandem mehr zu beweisen, dass wir im Leben unsere Frau stehen können. Wir haben den Jungen einiges an Erkenntnis voraus, wissen schon genau, welche Art von Beziehungsleben oder Arbeitsumfeld zu uns passt und welche nicht. Wir haben unseren persönlichen Lebensstil gefunden, essen, lesen und ziehen an, was uns gefällt. Wir schlafen vielleicht zu anderen Zeiten, pflegen unsere Eigenheiten und erlauben uns bei weitem mehr unkonventionelles Verhalten als in jungen Jahren. Wir haben viele Verpflichtungen abgeschlossen, die Kinder sind aus dem Haus, und wir genießen ein neues Maß an Freiheit. Wir haben einige „Katastrophen" überstanden und betrachten inzwischen unerwartete Ereignisse mit mehr Gelassenheit. Und idealerweise lachen wir viel und herzhaft, durchaus auch über uns selbst!
Aufgrund der ständig steigenden Lebenserwartung haben Frauen heute guten Grund anzunehmen, dass sie nach dem Klimakterium noch 30 und mehr Jahre leben. Es handelt sich also bei dieser Lebensphase möglicherweise um die längste in einem Frauenleben. Umso wichtiger ist es daher, dass wir uns auch auf diese Zeit freuen und sie bewusst gestalten. Auch wenn die Östrogenproduktion zurückgeht und sich unser Körper verändert, sind wir vollständig in unserer Weiblichkeit. Auch wenn die körperliche Leistungsfähigkeit nachlässt, sind wir machtvolle Wesen, die Verkörperung von Pacha Mama, der Mutter Erde.
feiern alljährlich ein Fest zu Ehren der Mütter. Es heißt Geledé und unterscheidet sich grundsätzlich von unseren westlichen Muttertags-Aktivitäten. Dabei verkleiden sich Männer als Frauen, schnallen sich übergroße Brüste und Hinterteile um (als Attribute weiblicher Schönheit) und benützen weitere weibliche Accessoires, wie Schmuck oder Babytragetücher. So ausgestattet tanzen sie, um die Mütter zu besänftigen und sich ihres Wohlwollens zu versichern - denn sie wissen um die Macht der weisen Alten, um ihre geistige Kraft und um ihre mächtigen Verbündeten in der Welt der Geister.
Wenn an dieser Sichtweise der „Weisen Alten" etwas dran sein sollte - wenn also die Weiber zu sich und ihrem Potenzial in jeder Lebensphase stehen und mit den Jahren immer souveräner, unabhängiger und stärker werden - dann ist es nicht verwunderlich, dass sie damit auch für manche immer unheimlicher und beängstigender werden. Dann ist es durchaus nachvollziehbar, warum Männer in patriarchalen Strukturen dafür gesorgt haben, dass ihre Frauen gar nicht in die Situation kommen können, diese weibliche Macht zu spüren und im eigenen Interesse einzusetzen. Die Unterdrückung der Frauen, welche uns noch immer in vielen Ländern begegnet, ist also nicht die Reaktion auf weibliche Unbeholfenheit und Schwäche, sondern vielmehr auf die große Kraft, die in den Weibern steckt und zur Entfaltung drängt.
uns gegenseitig achten und unterstützen. In jeder Lebensphase, aber ganz besonders im Alter. Schließlich überleben viele Frauen ihre männlichen Partner und Verwandten, daher ist es sinnvoll, sich zusammenzutun und manches gemeinschaftlich zu organisieren. Weiber kennen und erkennen einander, sie können sich auf ihre Kraft verlassen und - wenn notwendig - einander auch beistehen.
Wenn uns das gelingt, tragen wir unser Lebensgefühl auch nach außen und stärken damit andere. Und es verleiht uns selbst und unserem ganzen Geschlecht Würde, wenn wir strahlend und souverän unser Schicksal meistern. Wir sind die großartigen, wunderbaren, mächtigen Repräsentantinnen der Großen Mutter, aus deren Schoß alles Leben geboren wird. Das dürfen wir nie vergessen!
Autorin: Eva Ulmer-Janes
Jg. 1948, ist autorisierte HUNA-Lehrerin und „Großstadtschamanin" in Wien und arbeitet seit 25 Jahren mit verschiedenen Schamanen in Peru, Brasilien, Guatemala, Tibet, Bhutan und Hawaii. Seit 2003 leitet sie das Seminarzentrum KONTIKI. Sie ist Autorin mehrerer Bücher über einen praktischen, modernen Umgang mit Magie und Schamanismus (Ibera Verlag/Wien).#
weitere Infos:www.huna.at
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